Ignaz Schmitz, geboren 1961, ist Vorsitzender der Bürgerinitiative Naturschutz-Siebengebirge e.V., die 1985 gegründet wurde. Er ist gelernter Industriemeister und arbeitet seit 45 Jahren für die Firma ZERA in Königswinter und ist heute als Qualitätsmanager auch für Arbeitssicherheit und den Umweltschutz zuständig.

Als Mitglied einer alteingesessenen Oberdollendorfer Familie war Herr Schmitz schon „immer irgendwie im Verein aktiv“, wie beim TUS Dollendorf als Übungsleiter im Breitensport, davor in der „Junggesellenbruderschaft“ oder später ehrenamtlich in der Vorstandsarbeit des Vereins.

Wie aber kam es zu einer ehrenamtlichen Aufgabe im Naturschutz?

„Meine Eltern und Großeltern waren noch Gastwirte und Winzer, die auch ein paar alte Obstwiesen besaßen….und irgendwann sollten unsere und andere Obstwiesen Baugebiet werden, wir aber wollten diese wunderbare, alte rheinische Kulturlandschaft erhalten, in der wir früher gespielt haben. Deswegen haben meine Frau und ich 1985 eine Bürgerinitiative gegründet, um dieses Bauvorhaben zu verhindern.“

Man begann damals mit zunächst dreißig Personen, unterstützt auch vom heutigen Bürgermeister Königswinters Lutz Wagner. Nach vier Jahren Öffentlichkeitsarbeit, Unterschriftensammlungen, medialen Auftritten und prominenter Unterstützung (Loki Schmidt) wurde das Bauvorhaben seitens der Stadt aufgegeben.

Und dort ist dann auch nie gebaut worden?

„Wir haben das verhindert, heute ist das Naturschutzgebiet. Dann sagten wir uns, jetzt packen wir an und pflegen die Wiesen, die wir gerettet haben. Nach über fünfunddreißig Jahren sind wir heute 300 Mitglieder in der Initiative, wir sind 45 Aktive, mit Gerätehaus, zwei Traktoren und mehr. Und im Jahr 2018 sind wir von den Vereinten Nationen für unser Engagement ausgezeichnet worden.

Und wurde die Pflege der Wiesen auf Grundstücke anderer ausgeweitet?

„Natürlich, die Pflege ist eine Menge Arbeit, die meisten haben nur sehr kleine Flächen und freuen sich, wenn wir die mitmachen.  Aber wir haben ganz klein begonnen und uns dann laufend weitergebildet. Aktuell pflegen wir 12 ha und wir suchen weitere Flächen, um diese langfristig zu sichern. Unsere Grundstücke sind alle mit einer Grunddienbarkeit im Grundbuchbuch eingetragen und unterliegen dem Naturschutz und somit bestimmten Nutzungen. So haben wir auch von der NRW-Stiftung den 4,5 ha großen Kellerberg am Jugendhof Rheinland zur Pflege überlassen bekommen. Das ist eine alte Weinbergbrache mit seltenen Pflanzen und Tieren.“

Wie sieht denn diese „Pflege“ nun konkret aus? Worin besteht die die eigentliche Arbeit ihrer aktiven Mitglieder?

„Die Arbeit besteht im Wesentlichen im Schneiden alter, und im Pflanzen neuer Bäume. An einem Tag schaffen wir es, ungefähr 10 Bäume zu pflanzen, insgesamt haben wir so schon über 200 alte rheinische Sorten nachgepflanzt, die wir auch vor Verbiss schützen.“

Ich erfahre weiterhin, dass jeder hochstämmige Setzling mit 2,5 m Größe ca. 80 Euro kostet, was von Mitgliedsbeiträgen (12 Euro/Jahr Mindestbeitrag) und Sponsoren aufgebracht wird.

„Das Mähen ist wichtig, um die nährstoffarmen Böden auszumergeln, damit die Blüten reicher werden. Kräuter und Blühpflanzen am Hang bilden dann ein wertvolles Biotop für seltene Pflanzen und Tiere, also das Freihalten der rheinseitigen Weinbergbrachen (Entbuschen) gehört dazu. Der Wald ist zwar ganz wichtig, aber um Artenvielfalt zu gewährleisten, muss das Verhältnis von Wiese und Wald im Gleichgewicht sein. Zu unserer Arbeit gehört aber auch das Aufhängen von Mistkästen, die Gerätepflege, das Warten der Geräte, von Gerätehaus, Schlepper oder Wässern der Wiesen. Das Grundstück für unser selbst gebautes Gerätehaus wurde uns übrigens von der Stadt gestellt. “

Zur Vereinsarbeit gehört aber auch die Erarbeitung eines Finanzplanes. Hier müssen Investitionen angepasst, Rückstellungen vorgenommen und Steuererklärungen abgegeben werden. Auch das hat Herr Schmitz in seiner Eigenschaft als Aufsichtsrat der Fa. ZERA übernommen.

Und sicher hat sich auch ein soziales Miteinander in der Bürgerinitiative entwickelt?

„Also alle arbeiten fleißig und sind hochmotiviert, neulich waren wir mit 25 Leuten und haben 1,5 ha Fläche am Steilhang gemäht und entbuscht. Vor allem haben wir bei unseren Einsätzen fast immer Sonnenschein, mittags setzen wir uns mit unseren Brauereigarnituren bei Apfelsaft, Bier und Eintopf zusammen und natürlich haben sich auch hier Freundschaften entwickelt. Auch im Vorstand sind wir ein tolles Team.“

Ich erfahre außerdem, dass eine große Anzahl der Vereinsmitglieder auch aus der weiter entfernten Umgebung, z.B. aus Bonn, Rheinbreitbach, Unkel und sogar Köln kommen. „Initiativen dieser Art gibt es hier nicht so viele!“ begründet Herr Schmitz diese Tatsache.

Gibt es ein besonderes Erlebnis, das sie im Rahmen ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit erwähnen möchten?

„Herausragend war für uns die Auszeichnung, die wir für unsere Arbeit von den Vereinten Nationen auf Schloss Drachenburg erhielten. Es waren 150 Leute eingeladen aus Vereinen, Politiker, Prominenz, mit Moderation, Besichtigung des Schlosses und Essen. Das war ein besonderes Erlebnis und man bekommt etwas zurück als Anerkennung.“

Außerdem wurde Herr Schmitz als Vorstandsvorsitzender der Bürgerinitiative 2018 zum „Ritter des Siebengebirges“ geschlagen.

Wenn sie einen Wunsch frei hätten in Bezug auf ihre engagierte Arbeit, wie würden sie den formulieren?

„Die Antwort ist ganz klar: Weniger Bürokratie! Steuererklärungen, Grund-steuerreform, seitenweise Anträge für EU-Fördermittel, kurz: der Zulauf von Mitgliedern ist sehr gut, da Bäume pflanzen und Arten erhalten im Trend liegen, aber der Papierkram macht uns das Leben schwer.“

Also auch wenn sie genug Engagierte finden. Was könnte grundsätzlich helfen, noch mehr Menschen für das Ehrenamt zu bewegen?

„Auch hier ganz wichtig für mich die Stärkung des sozialen und kulturellen Lebens in einem Dorf oder Stadtviertel, in einer Zeit, in der alles immer mehr auseinanderbricht. Wenn Menschen das Gefühl haben hier ist meine Heimat, hier fühle ich mich verbunden, hier bringe ich mich ein, dann gehe diese eher in die Ortsgemeinschaft oder in die Vereine, das müsste von der Politik mehr unterstützt werden.“

Beispielhaft weist Herr Schmitz noch auf die Arbeit des Heimatmuseums „Brückenhof“ in Oberdollendorf hin, dass am 4. Dezember eine neue Ausstellung eröffnet. „Das ist ein altes historisches Weingut, die archivieren unsere Geschichte, das ist wirklich sehr gut gemacht“.

Das Interview führte Martin Bubner am 14.11. 2022.