Maria Becker-Just, geboren 1955, ist verheiratet und hat zwei Kinder. Nach einem Lehramtsstudium unterrichtete sie bis 2020 Fremdsprachen und Musik an der Gesamtschule Hennef. Seit 2021 betreut sie als Lernpatin zwei Jugendliche aus Königswinter.

Für die Zeit nach ihrer Pensionierung hatte Frau Becker-Just schon einige Jahre vorher verschiedenste Ideen entwickelt, das Sabbatjahr direkt vor ihrer Pensionierung nutzte sie als Neuorientierung für den nächsten Lebensabschnitt, aber auch, um von der Schule Abschied zu nehmen.

„Ich habe ja noch hoffentlich 30 Jahre vor mir, deswegen suchte ich nach etwas, was mir Freude bereitet, wo ich etwas neu erfahren kann, auch in Verbindung mit ehrenamtlicher Arbeit. Aber es soll auch für mich spannend sein“.

Schon ihre Mutter war in der Altenbetreuung ehrenamtlich tätig, sie selbst half als Jugendliche sonntags im Krankenhaus und betreute einen Heimjungen während ihres Pädagogikstudiums. „Das liegt wohl irgendwie in der Familie, ich bin da hineingewachsen, ohne darüber nachzudenken“ antwortet Frau Becker-Just auf meine Frage nach Motivation und Zugang zur ehrenamtlichen Arbeit. „Und ich habe auch immer gern praktisch gearbeitet“.

Und was gab es für einen konkreten Anlass für die Arbeit beim Forum Ehrenamt?

„Die Arbeit des Forums verfolgte ich schon seit einigen Jahren, sie machen gute Werbung, z.B. über den Ehrenamtstag. Es war für mich lange selbstverständlich, irgendwann dort mitzuarbeiten, nur während meiner schulischen Tätigkeit, in der ich per se immer viel für andere getan habe, fand ich dafür zu wenig Zeit oder innere Ruhe“. Aber direkt nach ihrer Pensionierung traf Frau Becker-Just beim Forum Ehrenamt auf die Koordinatorinnen Nisa Punnamparambil-Wolf und Mia Schulz-Rittich, um über mögliche Einsatzmöglichkeiten als Ehrenamtliche zu sprechen. „Ich bin dort ganz toll empfangen worden, man hat mich sehr kompetent und einfühlsam beraten und viel Zeit genommen, um herauszufinden, wo ich mich denn einbringen kann.“

Und auch wenn zunächst keine Zusammenarbeit in dem von Frau Becker-Just avisierten Bereich „Talenteförderung“ zustande kam, entschied sie sich angesichts des zweiten Lockdowns in der Corona-Krise schließlich zur Betreuung eines Jugendlichen, dessen Familie in einer Asylbewerberunterkunft – damals noch ohne Internetanschluss – lebt. „Ich merkte, bei der Vielzahl an Kindern, die damals den Anschluss zu verpassen drohten, konnte ich als Lehrerin nicht untätig bleiben.“

Und wie gestaltet sich diese Tätigkeit nun konkret?

„Ich musste mit meinem Mentee vor allem Defizite im Bereich Englisch aufholen, danach haben wir uns ausführlich mit Lernstrategien befasst, Ziel war aber auch stets die Stärkung des Vertrauens in die eigenen Fähigkeiten. Auch bin ich sehr froh, die Mutter, die mit Deutschkurs, Berufsausbildung und Familie stark gefordert ist, zu entlasten, indem ich ihr etwas den schulischen Part abnehme und auch die Verbindung zur Schule halte. Ich stehe in relativ engen Kontakt zur Familie, so dass ich auch einen ganzheitlicheren Bezug zu meinem Mentee bekomme“.

Eine zweite Motivation für den Jungen war das Fahrradfahren als sportliche Herausforderung. Da Frau Becker-Just selbst begeisterte Fahrradfahrerin ist, radelten zunächst beide zwei Mal in der Woche zum Lernen ins Haus Heisterbach.

„Ich fahre auch bei Regen mit dem Fahrrad hin, um ihm zu zeigen, man kann das. Klimaschutz ist ein Thema das uns alle angeht, darum sollten sich auch alle bemühen. Es ist mir eben auch wichtig, außer Englisch Allgemeingesellschaftliches an ihn heranzutragen.“ Und so besuchen beide auch (kulturelle)Veranstaltungen wie z.B. die Ausstellung zum Thema „Bioökonomie“ auf dem Ausstellungsschiff MS Wissenschaft. „Diese Ausstellung hat er sich mit Begeisterung angesehen“.

Darüber hinaus betreut Frau Becker-Just mittlerweile auch noch ein Mädchen aus dem Kosovo. „Auch da merke ich, es geht mir nicht nur ums Deutschlernen, sondern mir liegt mir auch viel daran, dass sie ihren Weg gehen kann. Es ist genau das, was mir jetzt Spaß macht, dass ich auf meine Schüler*Innen individuell eingehen kann und es nicht ausschließlich um Stoffvermittlung geht.“

Gibt es denn ein ganz besonderes Erlebnis aus ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit, das sie mitteilen möchten?

„In besonderer Erinnerung ist mir ein Weihnachtskonzert des Bonner Kammerchors, zu dem ich den Jungen und seine Mutter eingeladen hatte und in dem ich selbst singe. Unsere A-cappella-Weihnachtsliteratur ist für einen 12-Jährigen sicher harte Kost, dachte ich. Aber ich konnte beiden während des Singens durchaus ansehen, wie sie sich von unserer Musik berühren ließen. Sie kamen durch diesen Besuch mal raus aus der Enge ihres Zuhauses und ich hatte den Eindruck, dass Mutter und Sohn darüber wieder ein Stück zusammenfanden, denn im Moment ist es nicht immer einfach zwischen den beiden. Das war dann auch für mich sehr schön.“

Was läuft besonders gut in Ihrer ehrenamtlichen Arbeit? Warum lohnt es sich für sie? Was könnte denn dazu beitragen mehr Menschen für ehrenamtliches Engagement zu begeistern?

„Ich finde die Organisationsstrukturen im Forum Ehrenamt sehr gut und finde dort kompetente und hilfsbereite Gesprächspartner. Wenn ich Unterstützung brauche, gibt es dort immer eine Lösung für mich. Natürlich ist die Öffentlichkeitsarbeit wichtig. Ansprache gelingt durch Emotionen und die werden geweckt durch Bilder. Wie wäre es mit einem Film über das Ehrenamt, meinte mein Mann, über Positivbeispiele ehrenamtlicher Arbeit in Königswinter, über die Befriedigung, die man daraus schöpft. Ehrenamt wird ja auch in Vereinen, Kirchen und Kommunen geleistet. So ein Film könnte dann auf Stadtfesten oder in Schulen laufen um zu zeigen, dass es schön sein kann, ehrenamtlich zu arbeiten.“

Gibt es ihrer Meinung nach denn noch Gruppen oder Personenkreise, die das Forum Ehrenamt unterstützen sollte?

Da bin ich überfragt, aber dass das Forum Ehrenamt als nicht-konfessionelle Organisation Ehrenamt koordiniert, was klassischerweise im Tätigkeitsbereich der Kirchen liegt, empfinde ich als großen Zugewinn.

Ein gelungenes Schlusswort. Frau Becker-Just, vielen Dank für das ausführliche Gespräch.